Motivario Informationsoffensive, Thema 3
Mentales Training bei körperbezogenen Themen
In dieser Ausgabe der Informationsoffensive widme ich mich einem Thema, welches vielleicht nicht gleich mit mentalem Training assoziiert wird. Bei körperbezogenen Themenstellungen, wie z.B.: bei der Vorbereitung auf einen operativen Eingriff, einer Schmerztherapie, einer Rehabilitation nach Verletzungen oder als Ergänzung zur medizinischen Versorgung bzw. Betreuung hat sich der Einsatz des mentalen Trainings aber über die letzten Jahrzehnte bewährt (Eberspächer, 2001). Die Wichtigkeit der Funktionsweise des eigenen Körpers tritt aber meist erst dann ins Bewusstsein, wenn die eigene Lebensqualität und die Leistungsfähigkeit schon massiv eingeschränkt sind. Durch die subjektiven Leiden und die erlebten Einschränkungen, kann es zu einem negativ geprägten Körperkontakt kommen. Es stellen sich Gesundheitssorgen und Ängste ein, eine pessimistische Erwartungshaltung auf einen guten Ausgang der Krankheit oder Verletzung sind die Folge. Der Optimismus schwindet, der Blick auf die körperlichen Einschränkungen und auf die Schmerzen verschärft sich mehr und mehr, ein negativer Teufelskreis setzt sich in Gang, der in diesem Fall nicht nur physischer, sondern auch psychischer Natur ist. Es entstehen Wechselwirkungen zwischen Körper und Geist. Wissenschaftlich untersucht wird dieser Zusammenhang im Fachgebiet „Psychosomatik“.
Forschungsstand: Wenn ein Mensch sich in gesellschaftlichen Kontexten über das eigene „Wohlbefinden“ unterhält, kommt man an den Begriffen „Gesundheit“, „Krankheit“ und „Lebensqualität“ nicht vorbei. Antworten auf grundlegende Definitionen zu diesen Begriffen gibt die Gesundheitspsychologie. Sie untersucht Zusammenhänge zwischen Gesundheit und Krankheit und bezieht dabei riskante bzw. präventive Verhaltensweisen einer Person in Wechselwirkung mit dem Körper mit ein. Die WHO definiert den Gesundheitsbegriff als einen „Zustand des vollständigen, körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur des Freiseins von Krankheit und Gebrechen (Renneberg & Hammelstein, 2006, S. 8).“ Seit den 1970er Jahren hat sich das „biopsychosoziale Modell“ verstärkt durchgesetzt, da es neben der biologischen/somatischen auch die psychische und soziale Dimension inkludiert. Forscher, wie z.B.: Antonovsky haben dieses Modell als Basis aufgegriffen und um ihre Forschungen bzw. Erkenntnisse erweitert. Auch in den Theorien der humanistisch-existenziellen, psychotherapeutischen Schulen wird dem Körper als Medium über Wohlbefinden / Unwohlsein intensive Bedeutung zugemessen (Renneberg & Hammelstein, 2006). Das Konstrukt „Lebensqualität“ umfasst ein noch breiteres Konzept einer Person. Es geht über die körperliche Gesundheit, den psychischen Zustand und über das Soziomilieu hinaus und integriert die persönlichen Überzeugungen und Werte im Rahmen des Kultursystems, in dem die Person eingebettet ist. In der orthopädischen und neurologischen Rehabilitation, aber auch in der Rehabilitation nach Sportverletzungen oder als Ergänzung zur onkologischen Therapie werden durch das mentale Training die Selbstheilungskräfte des Körpers aktiviert. Das konnten bereits Coué und Simonton mit ihren Forschungen zu Autosuggestion bzw. Visualisierungsmethoden als Begleitung zur onkologischen Therapie im vorigen Jahrhundert belegen (Coué, 2012; Simonton, Simonton, Creighton, Zur Nedden, & Simonton, 2013). Täuber (2020) postuliert in seinen neueren Forschungen, dass sogar durch jeden Gedanken entsprechende Botenstoffe im Gehirn ausgelöst werden und dadurch einen entsprechenden Hormoncocktail in unserem Körper freisetzen. Dieser begünstigt oder erschwert das subjektive Erleben von Gesundheit bzw. Wohlbefinden oder Lebensqualität. Diese Erkenntnisse zeigen, dass auch oder vor allem auf die Prävention bei körperbezogenen Themen gesetzt werden sollte. Steht eine medizinische Behandlung oder ein operativer Eingriff bevor, unterstützt eine wertschätzende Haltung mit den Behandlungsmaßnahmen die Compliance und fördert die positive Beziehung bzw. den Kontakt mit dem eigenen Körper (Schmid, 2010). Dadurch werden Sorgen reduziert, das Vertrauen und die Zuversicht werden unterstützt bzw. gefördert und lassen so den Menschen mehr Selbstwirksamkeit über seinen Gesundheitszustand erleben (Coué, 2012; Eberspächer, 2001; Fengler, 2006; Schmid, 2010; Täuber, 2020).
Vorgehensweise in der Beratung: Kunden, die in die Beratung zu körperbezogenen Themen kommen, berichten zunächst auch meist von ihren Leiden, Einschränkungen oder Ängsten auf körperlicher Ebene. Als Mentaltrainer ist es notwendig, sich rasch ein umfassendes Bild über den Gesundheitszustand der Kund*innen zu verschaffen – Was wurde bisher im medizinischen Bereich schon alles unternommen, Wie sieht es um die physische und psychische Belastbarkeit des Menschen aus, Wie sieht das Umfeld um die Person aus? Anschließend gilt es genau abzuklären in welchem Bereich sich die Kund*innen Unterstützung wünschen. Auf Basis der vorliegenden Daten wählt der Mentaltrainer dann für die Erstellung des Mentalcoachings bzw. Mentaltrainings geeignete Techniken aus, die besonders die Körperkommunikation fördern und unterstützen. Bestehende, destruktive Kommunikationsmuster im Umgang mit dem eigenen Körper können so bei regelmäßiger Eigenanwendung nachhaltig verändert werden und den Optimismus und die Zuversichtshaltung in ein baldiges Ende der Gesundheitsstörung fördern. Angewendet werden mentale Techniken aus den Bereichen Autosuggestion und Imagination. Die Selbstwirksamkeitserwartung („Ich kann ihm Rahmen meines möglichen handeln und damit auch meinen gewünschten Zustand erreichen!“) wird unterstützt, die bisherigen Bewältigungsstrategien erweitert und die persönlichen Resilienzfaktoren gestärkt (Coué, 2012; Renneberg & Hammelstein, 2006; Schmid, 2010; Täuber, 2020).
Chancen & Grenzen: Mentales Training bei körperbezogenen Themen lohnt sich nicht nur in der medizinischen Nachsorge, sondern wie bereits ausgeführt, besonders in der Prävention. Menschen, die es schaffen durch das Mentaltraining ihre negativen Kommunikationsmuster im Umgang mit dem eigenen Körper (so wie es gesellschaftlich leider oft passiert) zu durchbrechen, haben nicht nur bessere Chancen auf eine raschere Genesung, sondern fühlen sich auch glücklicher, zufriedener und vertrauensvoller. Grundvoraussetzung für den persönlichen Erfolg aus dem Coachingprozess ist bei diesem, so wie auch bei den letzten Themen die regelmäßige Anwendung und Übung der mentalen Techniken – der Gehirnstoffwechsel braucht einige Zeit, bis er sich in die gewünschte Richtung verändert. Desto öfter sich der Mensch also mit den neuen Verhaltensmustern konfrontiert, umso rascher werden diese auch für ihn/sie spürbar und erlebbar werden.
Grenzen im mentalen Bereich bei körperbezogenen Themen gibt es zwar grundsätzlich nicht, denn eine positive Beziehung zum eigenen Körper wirkt sich nur förderlich aus. Selbstverständlich kann aber mentales Training keine medizinische Behandlung ersetzen, sondern maximal fördern bzw. in eine gewünschte Richtung lenken. Dennoch hat es jeder Mensch selbst in der Hand wie sehr er/sie seinem/ihrem Körper vertraut. Es soll auch schon wundersame Heilungen bzw. Remissionen bestimmter Krankheiten in der Vergangenheit gegeben haben. Leider fehlen dazu weitestgehend noch wissenschaftliche Erkenntnisse.
Literatur:
Coué, E. (2012). Die Selbstbemeisterung durch bewusste Autosuggestion (278.-293. Tsd). Basel: Schwabe.
Eberspächer, H. (2001). Mentales Training: Das Handbuch für Trainer und Sportler. München: Copress.
Fengler, J. (2006). Coaching und Salutogenese. Gruppendynamik & Organisationsberatung, 37(4), 393–400.
Renneberg, B., & Hammelstein, P. (Hrsg.). (2006). Gesundheitspsychologie. Heidelberg: Springer.
Schmid, G. B. (2010). Selbstheilung durch Vorstellungskraft. Wien New York, NY: Springer.
Simonton, O. C., Simonton, S. M., Creighton, J., Zur Nedden, M., & Simonton, O. C. (2013). Wieder gesund werden: Eine Anleitung zur Aktivierung der Selbstheilungskäfte für Krebspatienten und ihre Angehörigen (12. Aufl). Reinbek: Rowohlt-Taschenbuch-Verl.
Täuber, M. (2020). Gedanken als Medizin: Wie Sie mit den Erkenntnissen der Hirnforschung die mentale Selbstheilung aktivieren. Wien: Goldegg.